Lloyd Cole hat aufgeräumt, das Archiv gesichtet und dabei so manche Lücke im Gedächtnis entdeckt. Was ihm das Schreiben des langen Textes für das Booklet dieser 4-CD-Box nicht gerade leichter machte, aber der 1961 in Buxton / Derbyshire geborene Songwriter präsentiert noch so manche Details. Angenehme wie schmerzhafte sind darunter. Unter dem schönen Arbeitstitel Cleaning Out The Ashtrays versammelt der Engländer mit Wohnsitz Massachusetts unveröffentlichte Songs, Out-Takes, Single-B-Seiten und Coverversion …mehr
Von Claudia Nitsche
30. Jan 2009, 07:57
Er würde es tun, er würde die Aschenbecher ausleeren. Lloyd Cole ist sich dafür nicht zu schade, ein ebenso freundlicher wie tiefgründiger Musiker. Seit 21 Jahren als Solokünstler unterwegs, grub er nun nach Raritäten, die sogar er schon vergessen hatte. Ist ein Künstler in der glücklichen Lage, ganze 59 Songs in eine Vier-CD-Box zu betten, sollte man sich freuen. Weil darin alles ist, was man für dieses Jahr braucht. Die Musik zur Stimmung in einer Schachtel. Es klingt überzogen. Doch es ist nun mal die Wahrheit.
Lloyd Cole and the Commotions hieß das Unterfangen in den Achtzigern. Danach gab es Lloyd Cole alleine. Bescheidener, freundlicher Gitarrenpop mit deutlicher Rockattitüde. Cole brachte Gefühle auf den Punkt ‘I’m in love with her. She’s in love with him’, mehr Worte brauchte der mittlerweile in Easthampton in den USA lebende Künstler nicht, um fatale Situationen zu beschreiben. Sanft streichelte er einem dabei über den Kopf. Er ist der Inbegriff des Trostes, das Spiegelei der Mutter Beimer.
Am weitesten weg von seinem Werk sind noch die hier versammelten Remixe, auf denen es knistert und säuselt.
Ansonsten reiht der gebürtige Engländer unaufdringliche Hits aneinander, die allesamt keine wurden, was freilich niemand verstehen muss. Doch Cole ist einer, den man gerne im kleinen Rahmen betrachtet, ihm zuhört, mit dem man alt werden möchte. Der Musiker hat diese direkte Art, braucht keine emotionale Blähung, denn sein ‘Love You So What’ beinhaltet alles. Die Abwandlungen sind nie zugemutet, sondern mögliche Variation.
Auf der vierten CD mit den ‘difficult pieces’, den schwierigen Stücken, findet sich das immer wieder gern interpretierte ‘I Just Don’t Know What To Do With Myself’, also alles andere als gewagtes Material. Es ist wunderbar gelungen. Sein ‘Tie Me Down’ ist gar ein wirklicher Hit, den man wohl verpasst hat. Nein, da steht ‘bisher unveröffentlicht’. Ein Song, wiederum keineswegs schwierig, der griffig mit ‘I don’t wanna be lonely’ für sich wirbt, der erzählt, dass man nicht alleine sein will, aber auch nicht in Fesseln gelegt werden möchte. Bestechende Logik à la Lloyd Cole, der bei all seinen Songs diesen leisen positiven Unterton hat.
Das unterscheidet ihn von so vielen anderen Künstlern, die klagend vom Regen singen, der auf sie niedergeht. Das tat er nie, und das passiert auch nicht bei diesen Raritäten. Wer das Haar in der Suppe braucht: Die dritte CD ist wirklich sehr weich. Alle anderen werden feststellen, dass man dieses Jahr nicht sehr viel mehr braucht.© 2009 teleschau – der mediendienst
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Publication: Monsters & Critics
Publication date: 30/01/09